Geschichte der Genossenschaft

1991-1995, 1996-2004, 2005-2009, 2010-2015, 2016-2020

Interessen-Gruppe Solar 91

Im Frühling 1991 formierte sich in Muri eine Gruppe, mit dem Ziel die Solarenergie bekannt zu machen. Das Projekt war inspiriert von Solar 91, einer Arbeitsgemeinschaft, die sich mit einer energieunabhängigen Schweiz beschäftigte. Die Arbeitsgemeinschaft wurde vom Bundesrat in ihrem Ansinnen unterstützt, Solarenergie zu fördern. Die Murianer Gruppe hat sich darum auch im Freiamt über das Thema informiert und festgestellt, dass der Kanton Aargau in Bezug auf Solaranlagen gegenüber anderen Kantonen im Rückstand ist. Darum hat Solar 91 mit Kursen an der Volkshochschule Oberes Freiamt theoretisches Wissen über Alternativenergien vermittelt. Zudem wurde die Gründung einer Solargenossenschaft vorangetrieben, um die Machbarkeit einer Solaranlage aufzuzeigen.

SOMU Gründung

Am 3. April 1991 wurde die Solarenergie-Genossenschaft Muri SOMU von 21 Genossenschaftlern gegründet. Tagespräsident war Fritz Nietlispach. Genossenschaftszweck gemäss Statuten war «in gemeinsamer Selbsthilfe die Förderung der Gewinnung erneuerbarer Solarenergie in der Region». Man steckte sich das Ziel, im Jubiläumsjahr 1991 eine Photovoltaikanlage auf einem öffentlichen Gebäude in Muri zu realisieren. Mit der Anlage sollte der Öffentlichkeit diese Art der Energiegewinnung vorgestellt werden. Um die Anlage zu finanzieren, wurden Anteilscheine von mindestens 100 Franken ausgegeben. An der Gründungsversammlung wurde so ein Kapital von 7'000 Franken gezeichnet. Genossenschafter hatten zudem einen jährlichen "Mitgliederbeitrag" von 20 Franken pro Jahr zu bezahlen.

Vorstand der SOMU bei der Gründung am 3. April 1991. Erster Präsident war Martin Tscharner. In den Vorstand wurden zudem Peter Flick, Bernhard Stierli, Werner Vogel, André Furrer, Felix Lang und Sonja Bizzotto gewählt. Als Revisoren stellten sich Edi Schuler und Gilbert Guthapfel zur Verfügung. (Zeitungsbericht 5. April 1991)

Erste Solaranlage Schulhaus Bachmatten

Die erste Ernüchterung liess nicht lange auf sich warten. Im Oktober 1991 hat der Gemeinderat von Muri aufgrund einer Empfehlung des Elektrizitätswerks davon abgeraten, auf dem Dach des Schulhauses Bachmatten eine Photovoltaikanlage zu planen. Da der alternative Standort erst in ein paar Jahren verfügbar geworden wäre, hat man erneut beim Gemeinderat für die Nutzung des Dachs der Bachmatten angefragt. Dieses Mal mit Erfolg. Im Dezember 1991 wurde die Anlage bewilligt.
Man hat mit der Planung begonnen und bestehende Anlagen besichtigt. Gleichzeitig wurden alle anderen nötigen Bewilligungen eingeholt. Dies zog sich aber bis im Juli 1993 hin. Die Genossenschaft hat mit Anlagenkosten von 40'000 Franken gerechnet. Per Ende 1992 hatten 50 Genossenschafter bereits Anteilscheine im Umfang von 11'600 Franken gezeichnet. Seitens Bund war mit Fördergeldern im Umfang von 15'000 Franken zu rechnen und der Kanton hat einen Beitrag von 5'000 Franken zugesprochen. Die Restfinanzierung gestaltete sich schwierig, da die Öffentlichkeit kaum am Thema interessiert war.
Um schneller mit dem Bau beginnen zu können, entschied man sich im Sommer 1994 die restlichen 25'000 Franken über eine Bank vorzufinanzieren. Ebenfalls konnte mit der Schule eine Vereinbarung über den Strombezug getroffen werden: Der Strom wurde zum regulären EW-Tarif abgenommen. Damit waren alle Hürden genommen und die Anlage wurde im Herbst 1994 an zwei Samstagen erstellt. Die Einweihung fand am 24. Juni 1995 statt.

Auch personell gab es Änderungen: Zur Generalversammlung im März 1993 traten Martin Tscharner und Felix Lang aus dem Vorstand aus. Neuer Präsident wurde Bernhard Stierli. Silvia Ferrara und Edi Schuler ergänzten neu den Vorstand.

Montage der 48 Solarmodulen mit einer Nominalleistung von 3150 Watt. Die Genossenschafter leisteten Fronarbeit. (Freiämter Tagblatt, 15. August 1994)

Ruhige Jahre

Das Projekt Bachmatten war noch nicht ganz abgeschlossen und schon hat man sich schon über neue Projekte Gedanken gemacht. Die Ideen reichten von Wasserkraft bis Kompogas. Ein Kraftwerk beim Aspiweiher in Muri wurde 1996 detailliert abgeklärt. Allerdings waren die Hürden für die neuen Projekte nicht kleiner als beim Bachmatten Projekt. Vielleicht schliefen auch deswegen die Aktivitäten der Genossenschaft im Verlauf der Jahre 1997 bis 2003 beinahe komplett ein. Es wurde die Zusammenarbeit mit Fachhochschule Burgdorf gesucht, doch letztlich wurden alle Projektideen aufgegeben.
Die Solaranlage liefert seit Beginn störungsfrei Strom. Ab 2001 wurde dieser an einer selber betriebenen Solarstrombörse erfolgreich verkauft und zwar so erfolgreich, dass für die Börse Solarstrom aus Villmergen zugekauft werden musste.

Zur Generalversammlung am 12. April 1997 fand eine unfreiwillige Verkleinerung des Vorstands statt: André Furrer und Sonja Bizzotto traten aus dem Vorstand aus. Auch der Präsident wollte zurücktreten, doch es stand kein Nachfolger zur Verfügung. Erst zur Generalversammlung 2000 übernahm Peter Flick das Präsidium von Bernhard Stierli.

Wasserkraftwerk Bächlen

An der Generalversammlung 2004 wird das Thema Wasserkraftwerk durch Peter Flick wieder aufgenommen. Im Verlauf der Jahre 2004 und 2005 wird das Projekt konkretisiert, Nutzungsvereinbarungen unterzeichnet und schliesslich im März 2006 umgesetzt. Obwohl seit der ersten Idee eines Kleinwasserkraftwerkes einige Zeit verstrich, hatte das Projekt Bächlen Pioniercharakter im Freiamt. Dies war wohl mit ein Grund, weshalb die Kostenschätzung für die Turbine überschritten wurde. Anlässlich der Generalversammlung vom 20. Mai 2006 wurde die Anlage mit einer öffentlichen Besichtigung eingeweiht.

Peter Flick präsentiert die noch nicht eingebaute Pelton Turbine des Kleinwasserkraftwerks Bächlen. (Neue Luzerner Zeitung, 26. Oktober 2005)

Mit 87 Genossenschaftern per 2009 war die Genossenschaft breit abgestützt. Nach wie vor zahlte jeder Genossenschafter einen Jahresbeitrag von 20 Franken. Die Aktivitäten des Vorstandes nahmen zu. Ab 2009 fanden wieder Anlässe statt, bei denen alternative Energien vorgestellt wurden. Die Genossenschaft unterstützte 2011 mit 5'000 Franken Anschubfinanzierung die Gründung des Vereins Energie Form Muri, welches Energieeffizienz und alternative Energien fördern soll. Innert kürzester Zeit hatte dieser Verein 100 Mitglieder. Er ist bis heute aktiv.

Aus SOMU wird OptimaSolar Freiamt

Im Vorstand demissionierten Bernhard Matter und Werner Vogel zur Generalversammlung 2012. Edi Schuler, René Keusch und Präsident Peter Flick verblieben im Vorstand, sie äusserten jedoch auch Rücktrittswünsche. Deswegen hat sich unter der Führung von Markus Ursprung eine Arbeitsgruppe über die Zukunft der SOMU Gedanken gemacht. Dabei entstand ein neues Leitbild für die Genossenschaft und es wurden Kontakte zur Genossenschaft OptimaSolar Solothurn geknüpft. Mit dieser und einer weiteren Genossenschaft hat man dann den OptimaSolar Genossenschaftsbund gegründet. Das Ziel des Bundes war eine grössere und daher professionellere Firmenstruktur und einen Wissensaustausch untereinander.

Der Namenswechsel von SOMU zu OptimaSolar Freiamt hat auch ein neues Logo mit sich gebracht.

An der Generalversammlung 2014 wurde der Wandel von SOMU zu OptimaSolar Freiamt samt neuer Statuten beschlossen. Fortan gab es nur noch Anteilscheine zu 1000 Franken. Von den 106 bisherigen Genossenschaftlern haben 23 die neuen Anteilscheine gezeichnet. Viele bisherige Genossenschafter haben ihren Anteilschein der Genossenschaft gespendet. Der Jahresbeitrag wurde abgeschafft, stattdessen war das Ziel nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu arbeiten und ohne Beiträge auszukommen. Markus Ursprung wurde als Präsident gewählt. In die Verwaltung gewählt wurden Josef Angehrn, Sebastian Knecht, Beat Küng, Cyrill Rensch, Sascha Winterberg sowie Jacqueline Bedo. Gleichzeitig mit der Reorganisation ist die Genossenschaft in den neu gegründeten OptimaSolar Genossenschaftsbund eingetreten. Im Bund wurden zusammen mit OptimaSolar Solothurn, Worblental, Lacs et Jura und später Fribourg gemeinsame Aufgaben erledigt.

Solaranlage Schmid Birri

Im Nachgang zur Fukushima Atomkatastrophe 2011 war das Interesse an alternativen Energien wieder gross. OptimaSolar wollte nun die Solarenergie im grossen Stil fördern. Ziel war ein ungenutztes Dach zu finden, bei dem ein Patronatspartner bereit war, den Solarstrom vor Ort zu beziehen. Wie schon beim ersten Solardach war der Weg von der Idee zum Projekt sehr lang. Die Zeichnung von Kapital verlief auch ohne Werbung gut. Hingegen gestaltete es sich sehr schwer ein Dach zu finden. I2014 und 2015 wurden über 30 mögliche Projekte geprüft. Die Zurückhaltung der Dachbesitzer war jedoch gross. Trotzdem ist es für die Genossenschaft als Erfolg zu werten, dass viele Dachbesitzer durch die Anfrage dazu angeregt wurden, selber eine Solaranlage zu realisieren. Und das wiederum ist ebenfalls Zweck der Genossenschaft.
Bei der Familie Schmid in Birri fand man schliesslich ein geeignetes Dach und einen Patronatspartner. Da das Kapital von 200'000 Franken für die 155 kWp Photovoltaikanlage bereits zum grössten Teil gezeichnet war, konnte das Projekt zügig angegangen werden. Der Swissgrid unterstützte das Projekt mit einer Einmalvergütung von 16'350 Franken aus der Energieabgabe. Die Anlage musste jedoch in zwei Etappen erstellt werden. Am 1. Juli 2016 gingen die ersten 30 kWp ans Netz und am 1. April 2017 die gesamte Anlage. Anlässlich der Generalversammlung 2017 wurde die Anlage den Genossenschaftern und weiteren Interessierten vorgestellt.

Josef Schmid und Sascha Winterberg auf dem Dach der Solaranlage in Birri. (Aargauer Zeitung, 24. Juni 2016)

Ersatz der Solaranlage Bachmatten

Die Anlage auf dem Bachmattenschulhaus hat von 1994 bis 2016 ohne Reparaturen 22 Jahre lang Strom erzeugt. Insgesamt wurden 57'044 kWh Strom erzeugt. Da das Dach des Schulhauses 2017 saniert werden musste und der Wechselrichter immer öfter ausfiel, wurde die Anlage im Herbst 2016 ausgeschaltet. Im Frühling 2017 wurden die Module abgebaut. Sie waren alle noch funktionsfähig. Darum wurden sie nicht entsorgt sondern für einen symbolischen Preis weiterverkauft. Sie liefern nun im zweiten Lebenszyklus Strom im Engadin.
Durch eine Erneuerung der Vereinbarung zur Stromabnahme konnte die Genossenschaft im Oktober 2017 eine neue Solaranlage erstellen. Wie bei der ersten Anlage erfolgte die Montage grösstenteils in Fronarbeit. In der Zwischenzeit sank der Preis für die Anlage auf 10% von dem was vor 23 Jahren für die gleiche Leistung bezahlt wurde.

Die Verwaltung bei einer Besichtigung der Solaranlage Bachmatten am 31. März 2014. Zu sehen sind Sascha Winterberg, Beat Küng, Sebastian Knecht, Jacqueline Bedo, Max Bobst (Genossenschaftsbund), Josef Angehrn und Markus Ursprung (von links nach rechts).

Digitalisierung der Genossenschaft

Das Ziel einer modernen und effizienten webbasierten Verwaltung wurde mit dem Genossenschaftsbund nicht erreicht. Im Gegenteil, die Verwaltungskosten des Genossenschaftsbunds stiegen stark an, weil die manuelle Administration nicht skalierbar war. Anfang 2018 wurde der Genossenschaftsbund neu ausgerichtet, so dass alle Dienstleistungen hätten eingekauft werden müssen. Daraufhin hat die OptimaSolar Freiamt hat den Bund verlassen und die Digitalisierung selber an die Hand genommen. In der Folge wurde eine eigene webbasierte Verwaltungssoftware programmiert, in der Wechselrichter, Zähler etc. digital eingebunden sind. Möglich war das durch viel Freiwilligenarbeit und dem grossen technisches Know-How der Verwaltungsmitglieder. Die Weblösung erlaubt es Beispielsweise, kosteneffizient den Stromverbrauch zu verrechnen ohne vor Ort Zähler ablesen zu müssen - etwas das 2020 nur wenige Stromversorger können. Zudem können die Genossenschafter ihre Daten direkt auf der Website einsehen und aktualisieren. Der Verwaltung ermöglicht die Digitalisierung sämtlicher Abläufe die Genossenschaft ohne zusätzliches Personal zu Führen. Insbesondere während der Corona-Pandemie war dies ein entscheidender Faktor zum Erfolg.

Die Genossenschaft wird Stromversorger

Im Sommer 2020 wurde rund um die PV-Anlage Schmid in Birri eine Verbrauchergemeinschaft gegründet. Der etwas holprige Begriff Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) beschreibt das Recht, selber ein Netzt zu bauen und alle angeschlossenen Stromkunden direkt mit Strom zu beliefern. Damit können die Netzdurchleitungsgebühren gespart werden und den Kunden kann ein attraktiver Solarstrompreis angeboten werden, der nur wenig über dem Graustrompreis der Elektrizitätswerke liegt. Die Kunden können bei OptimaSolar Freiamt dank modernster Technik der Verbrauch und den Lastgang ihrer Wohnung selber analysieren, was dem Kunden Verständnis über seinen Stromverbrauch bringt und der Genossenschaft erlaubt, den Verbrauch gezielt auf die Solarstromproduktion abzustimmen.

Die Lastgang- und Verbrauchsgrafik für die Kunden des ZEV.